Kreidezähne – Schmelzdefekt mit Handlungsbedarf
04. Mai 2022Unklare Veränderungen an Kinderzähnen, und das trotz optimaler Mundhygiene. Immer mehr Eltern entdecken beim Blick in den Mund ihrer Kinder Verfärbungen, die sich partout nicht wegputzen lassen. Schuld daran ist ein Schmelzdefekt, der im Volksmund auch Kreidezähne genannt wird. Über Ursachen, Symptome und Behandlung der immer häufiger werdenden Erkrankung.
Sie sind gelblich-braun oder weißlich-cremefarben – unansehnliche Flecken auf den Zähnen, die aussehen, als hätte man seine Zähne schon seit geraumer Zeit nicht geputzt. Meist befinden sich die Flecken auf einem oder mehreren großen Backenzähnen (Molaren) des bleibenden Gebisses. Seltener können auch Schneidezähne (Inzisiven) betroffen sein. Es handelt sich dabei um eine entwicklungsbedingte Erkrankung der Zahnhartsubstanz. Der Fachbegriff ist Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH. Oft spricht man auch von Kreidezähnen oder Käse-Molaren.
Symptome von Kreidezähnen
Schon bevor die bleibenden ersten Backenzähne oder Schneidezähne überhaupt durchbrechen, können sie von diesen unschönen Verfärbungen betroffen sein. Doch das Problem ist nicht nur ein kosmetisches. Kreidezähne weisen noch weitere besorgniserregende Merkmale auf. So ist auch ihre Schmelzqualität eingeschränkt und verändert. Während gesunder Zahnschmelz die härteste Substanz im menschlichen Körper darstellt (er ist noch härter als Eisen!), ist er bei MIH-Zähnen wesentlich weicher und poröser. Kreidezähne weisen daher auch häufig Schmelzfrakturen, also Abplatzungen, auf. Typisch sind auch Schmerzen beim Einnehmen heißer sowie kalter Getränke und Speisen. Die Kreidezähne sind zudem berührungsempfindlicher und deutlich anfälliger für Karies.
Kreidezähne häufig bei Grundschulkindern
Kreidezähne werden heutzutage leider immer häufiger beobachtet. Mindestens 450 000 Kinder haben hierzulande Kreidezähne, die behandelt werden müssen. Das bedeutet, dass in Deutschland etwa acht Prozent aller Sechs- bis Zwölfjährigen unter diesem Schmelzdefekt leiden, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen. Aktuelle Studien lassen sogar vermuten, dass noch deutlich mehr Kinder Kreidezähne haben und die Dunkelziffer weitaus höher liegt.
Ursachen von MIH nach wie vor unklar
Auf der Suche nach den Ursachen der neben Karies häufigsten Zahnerkrankung bei Kindern tappt die Wissenschaft noch immer im Dunkeln. Es gibt zwar verschiedene Erklärungsansätze, jedoch besteht hier nach wie vor großer Forschungsbedarf. Offensichtlich entstehen Kreidezähne durch das unglückliche Zusammentreffen verschiedener Faktoren während der Zahnentwicklung. Dabei diskutieren die Forscher sowohl Einflüsse vor und während der Schwangerschaft der Kindesmutter, als auch Faktoren, die im Laufe der ersten vier Lebensjahre des Kindes eine Rolle spielen können. Beispielsweise wird der Zusammenhang von bestimmten Medikamenten (z. B. häufig gegebene Antibiotika) und Kreidezähnen untersucht. Einig ist man sich jedoch, dass Fluorid, wie es etwa in vielen Zahnpasten zur Kariesprophylaxe enthalten ist, in keinem nachweisbaren Zusammenhang mit MIH steht. Sicher ist man sich zudem, dass ein noch so gründliches und regelmäßiges Zähneputzen die Entstehung von Kreidezähnen nicht verhindern kann.
Frühzeitige Diagnose und vorausschauende Therapie essenziell
Was kann und sollte man tun, wenn das eigene Kind von einer MIH betroffen ist? In jedem Fall so rasch wie möglich – also am besten noch während des Durchbruchs des betroffenen bleibenden Zahns – einen Zahnarzt aufsuchen, damit dieser eine frühzeitige Diagnose stellen und sich mit einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie besprechen und abstimmen kann. Denn das A und O ist hier eine vorausschauende Planung der individuell bestmöglichen Therapie. Dabei sind sowohl der betroffene Kreidezahn als auch die Entwicklung des Gebisses inklusive der vorliegenden Stellung von Zähnen und Kiefern zu berücksichtigen. Die Fissurenversiegelung ist eine Therapiemöglichkeit, um die empfindliche Zahnoberfläche zu schützen.
Zahnarzt und Kieferorthopäde stimmen sich ab
Während manche Kreidezähne allein durch zahnärztlich konservierende oder prothetische Maßnahmen erhalten werden können und keine kieferorthopädische Behandlung erfordern, kann bei schlechter Zahnprognose durchaus eine KFO-Therapie angezeigt sein. Diese umfasst z. B. die Entfernung des Kreidezahns mit anschließendem kieferorthopädischen Lückenschluss. Oder es ist aufgrund einer vorliegenden Fehlstellung ohnehin das Ziehen eines Seitenzahns erforderlich. Statt des gesunden Zahns (etwa des ersten kleinen Backenzahns) würde hier dann der nicht erhaltungswürdige Kreidemolar gezogen. Werden Kreidezähne gezogen und die Lücken kieferorthopädisch geschlossen, kann oft auf die Extraktion der Weisheitszähne verzichtet werden, da sie ausreichend Platz zum Durchbruch haben.
Ist eine kieferorthopädische Behandlung bei Kreidezähnen möglich?
Die kieferorthopädische Behandlung mit herausnehmbaren Geräten stellt in der Regel kein Problem dar, wenn die betroffenen Zähne zahnärztlich mit Füllungen oder Kronen versorgt sind. Ist eine feste Zahnspange geplant, werden an den betroffenen Backenzähne meist Ringe (Bänder) angepasst, um den Zahn zu stabilisieren. Außerdem werden spezielle Kleber zur Befestigung von Brackets oder Attachments verwendet, da der herkömmliche Kleber auf der geschwächten Zahnschmelzoberfläche nicht wie gewohnt hält. Eine Behandlung mit herausnehmbaren Alignern kann eine Alternative zur festen Zahnspange darstellen. Bei der Alignertherapie können die notwendigen Attachments sehr präzise auf intakte Schmelzareale am Zahn geklebt werden. Auf jeden Fall ist eine perfekte Mundhygiene Voraussetzung. Ergänzend sind regelmäßige professionelle Zahnreinigungen und zusätzliche Kontrolltermine beim Zahnarzt notwendig.
Fazit: Von Beginn an sollte daher eine interdisziplinäre Herangehensweise erfolgen, bei der Zahnarzt und Kieferorthopäde Hand in Hand agieren. Nur so können betroffene Kinder von einer optimalen und allumfassenden Therapie profitieren.
Quellen:
- Das Gesundheitsportal medondo.health
- Cornelsen J: MIH: Neue Erkenntnisse aus der Kinderzahnheilkunde.
- https://dzw.de/mih-neue-erkenntnisse-aus-der-kinderzahnheilkunde
- Der Zahnschmelz: Härter als Eisen und doch empfindlich! https://information-mundgesundheit.de/zahnschmelz/
- Fischer P: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation – Überblick, klinische Aspekte, Behandlungsempfehlungen. Inf Orthod Kieferorthop 2016; 48: 195–199.
- Giraki M: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH): Was ist das? https://www.zahnaerztekammernordrhein.de
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- MIH – campaigns-gceurope
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